Neue Studie über voreingenommene Beurteilungen von Lehrkräften
16. April 2024
Neue internationale Studie und ihre ErgebnisseMädchen können kein Mathe und Jungen sind nicht sprachbegabt? Von wegen!
Dass die Benotung von Schülerinnen und Schülern subjektiv ist und nie vollkommen vergleichbar sein wird, haben wir zuletzt schon in einem Blogbeitrag aufgeführt. Eine neue internationale Studie zeigt nun darüber hinaus Zusammenhänge zwischen Geschlecht und Schulfach bei der Bewertung.
Jungen sind in Sprachen schlechter als Mädchen, dafür können Jungen aber besser rechnen? Vorurteile wie diese beeinflussen wohl tatsächliche Leistungen, wie eine neue Studie zeigt. Sie wurde Ende 2023 im Journal Social Science Research veröffentlicht. Ein internationales Forschungsteam wertete drei Längsschnittstudien aus Deutschland, England und den USA aus. Für die Studie wurden insgesamt rund 17.000 Grundschüler:innen über ihre Grundschulzeit hinweg begleitet. Die Forscher:innengruppe testete regelmäßig die Leistungen der Schülerinnen und Schüler und befragte Eltern und Lehrende.
Als Grundlage erfragten die Forscher:innen am Anfang der Grundschulzeit, wie Lehrer:innen die Leistungen ihrer einzelnen Schüler:innen einschätzten. Diese Beurteilungen bezogen sich auf die sprachlichen und mathematischen Fähigkeiten der Kinder. Im selben Zeitraum nahmen die Kinder an Leistungstests teil, deren Ergebnisse dann mit den Urteilen der Lehrkräfte verglichen wurden.
Dieser Vergleich zeigt: Die Urteile der Lehrkräfte unterschieden sich teilweise von den gemessenen Leistungen der Kinder – und zwar systematisch. Mädchen wurden im Sprachbereich eher überschätzt und in Mathematik unterschätzt. Bei Jungen war es genau umgekehrt. Dies deutet laut den Autor:innen darauf hin, dass die Urteile der Lehrkräfte verzerrt waren. Im internationalen Vergleich war die Verzerrung im Sprachbereich in England am größten – in Mathematik wiederum war die Verzerrung in Deutschland am höchsten. In den USA waren die Unterschiede generell geringer.
Außerdem wurden die Leistungen der Grundschulkinder am Anfang der Schulzeit mit den Leistungen am Ende der Grundschulzeit miteinander verglichen. Das Ergebnis: Sowohl der Vorsprung der Mädchen in Sprachen, als auch der Vorsprung der Jungen in Mathematik vergrößerte sich (mit Ausnahme der USA verringerte sich das Gefälle in Sprachen).
Dieser Vorsprung wurde in der Studie als “geschlechtsspezifischer Unterschied” bezeichnet.
Die verzerrten Urteile der Lehrer:innen wirken sich laut Studie langfristig auf die Leistungen der Kinder aus – aber wie genau?
Die Forscher:innen erklären es so: Wenn Lehrer:innen Vorurteile gegen Schüler:innen haben, können sie das auch durch ihr Verhalten zeigen. Beispielsweise, indem sie Schüler:innen nur eingeschränkt anblicken oder ihnen kein unterstützendes Feedback geben. Dieses verbale und nonverbale Verhalten kann Kinder so beeinflussen, dass sie die Vorurteile wahrnehmen und anfangen zu übernehmen.
Das heißt: Wenn Lehrer:innen Kinder durch ihr Verhalten spüren lassen, dass sie ihnen in einem bestimmten Fach nicht allzu viel zutrauen, erfüllen die Kinder oft diese Erwartungshaltung und schneiden tatsächlich schlechter ab. Schlussendlich hat dieser Prozess laut Studie eine Verschärfung der geschlechtsspezifischen Leistungsunterschiede zur Folge.
Auswirkungen von Geschlechterstereotypen schon mehrfach untersucht
„Geschlechterstereotype bestehen aus als wünschenswert angesehenen Attributen, die «der» Mann oder «die» Frau haben soll, je nach herrschendem Leitbild von Männlichkeit (Maskulinität) oder Weiblichkeit (Femininität). Daneben enthalten sie auch neg. Festlegungen, welche Attribute nicht entwickelt werden sollen.
Die Attribute beinhalten vorwiegend Persönlichkeitseigenschaften (wie dominant oder sanft), daneben aber auch äußere Merkmale, Verhaltensweisen sowie Interessen.“ (Dorsch, Lexikon der Psychologie)
Dass Geschlechterstereotype die Leistungen von Jungen und Mädchen in bestimmten Fächern beeinflussen, wurde schon mehrfach belegt. Beispielsweise wurde 2010 in zwei Studien herausgefunden, dass bereits 9-jährige Mädchen eine höhere Affinität zu Sprachen im Gegensatz zu Mathe aufwiesen, wofür Geschlechterstereotype mitverantwortlich sind.
Außerdem gab es in den letzten Jahren Vergleichsstudien, die zeigen, dass dabei auch ein kultureller Faktor entscheidend ist. Für die Region des Nahen und Mittleren Ostens fiel auf, dass Mädchen dort in Mathe eher besser waren als Jungen – also genau andersherum als in Deutschland. Beispielsweise wird in Indien nämlich der Beruf Informatiker:in als Frauenberuf angesehen, weil man sich dabei die Hände nicht schmutzig macht – somit gilt Mathematik in dieser Kultur nicht als „Männersache“. Anders als in Ländern wie Deutschland: hier sind mathematische und naturwissenschaftliche Berufe männerdominiert. Junge Frauen wählen in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens auch viel häufiger mathematische und naturwissenschaftliche Studienfächer als in Deutschland. Das heißt: Geschlechterstereotype beeinflussen Schülerinnen und Schüler und sind abhängig von der jeweiligen Kultur.
Was außerdem schon in den 1980er Jahren untersucht wurde: Laut dieser Studien schneiden Mädchen in Mathematik besser ab, wenn sie keine Jungen in der Klasse haben. Beispielländer sind hierfür Jordanien, Katar und die Arabischen Emiraten – das sind die drei arabischen Länder mit dem größten Vorsprung der Mädchen in Mathe. Hier werden Mädchen und Jungen getrennt voneinander unterrichtet.
All diese Ergebnisse zeigen:
Es ist als Lehrkraft wichtig, Geschlechterstereotypen entgegenzuwirken und Kinder nicht aufgrund ihres Geschlechtes, bzw. ihrer Herkunft unterschiedlich zu behandeln, weil sie sonst diese Vorurteile übernehmen und tatsächlich schlechter abschneiden können. Deshalb achten wir vom Studentenring in unserem Nachhilfeunterricht besonders darauf, dass Kindern keine unterschiedlichen verbalen und nonverbalen Verhaltensweisen entgegengebracht werden, die ihr Selbstvertrauen in Fächern schmälern. Vielmehr stärken wir das Selbstvertrauen von unseren Nachhilfeschüler:innen. Denn Vertrauen in sich selbst ist für Mädchen und Jungen gleichermaßen wichtig, um die Schulzeit erfolgreich zu bestreiten.
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